R. J. Ruprecht
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" Das Theater" von R.J.Ruprecht

                                     

 

                                  Das Theater

                                   von

                            R.J.Ruprecht

 

Hartmut van Gallen sitzt selbstversunken in seinem, von ihm  so überaus geliebten kaminroten Ohrensessel, den er von einer Tante mütterlicherseits, geerbt hatte.

 Aus diesem Grunde damals, in nicht unerhebliche Traurigkeit gestürzt, konnte er sich nun einer gewissen Freude, des so überaus ansehnlichen und bequemen Sitzmöbels, nicht erwehren, ein Tässchen allerfeinsten englischen Tees ruhig genießend.

 

Van Gallen, Freund alles Schönen, von den Musen täglich innig und mehrfach geküsst, läßt die Gedanken wandern.

 

Keine Oper, die er noch nicht gesehen hat, die er in eigener Besetzung, jedoch viel besser hätte zur Aufführung bringen können, wäre seine Stimme nur einen Deut kräftiger...

 

Kein Theaterstück, dessen Texte er nicht in tiefstem Schlafe hätte mitsprechen können...

 

Nur das Ballet, des großen Kunstfreundes Problemkind, gerät, seines dicken Bauches und auch seiner rötlich weißen, an einigen Stellen mit feinem Aderwerk verzierten Beine, unfreiwillig ins Hintertreffen.

Die einzige, sich zumindest noch für den heutigen Tag, bietende Chance, kulturellen Genüssen nahe zu kommen, steckt, in Form einer Eintrittskarte, in einer dicken braunen aus feinstem Nilpferdleder bestehenden Brieftasche, der Brieftasche des Herrn van Gallen.

 

Ein wahrer Lichtblick, und eine treffliche Möglichkeit die rettende Insel der Kultur, am heutigen Abend doch noch zu erreichen.

 

Harthmut ist entzückt und dies nicht grundlos:

 

Er wirft sich, von nicht geringer Vorfreude erfüllt, seinen noch gut erhaltenen Lodenmantel mit geübtem Schwunge über den eleganten Abendanzug und macht sich zu Fuß kräftig ausschreitend auf den Weg, das nahe gelegene, wie ein Relikt aus einer anderen Zeit anmutende kleine Theater bald zu erreichen.

 

Er, der einen erheblichen Teil, seines monatlich nicht allzu üppig bemessenen Budgets regelmäßig in freudvoll kulturelle Unternehmungen schon immer hatte einfließen lassen und noch nie als besonders geizig, eher jedoch als sparsam gegolten hat, bewegt sich, nachdem, die ihm nicht ganz unbekannte,  für den Einlass zuständige, weibliche Person neueren Jahrgangs, einen hässlichen Riss in seine eben noch intakte Eintrittskarte bescherte, zügig in Richtung Garderobe.

 

Dort angekommen beantwortet er den fragenden Blick der dort tätigen anderweitigen weiblichen Person, unerfreulich fortgeschrittenen Zeitmaßes,  mit einem entschlossenen: „Nein Danke!“ und betritt erwartungsvoll den recht gut besuchten großen Theatersaal.

Da die Glocke des zugehörigen Theaters bereits das zweite Mal schellte, versucht sich von Gallen mit hastigen Bewegungen, von seinem geliebten Lodenmantel, nicht unerheblichen Gewichtes, zu befreien. Dies gelingt ihm, nachdem er die Schulter des genau vor ihm sitzenden Herren

mehrfach mit seinem rechten Ellenbogen hatte kräftig bekannt werden lassen.

Dieser, wendet sich empört dreinschauend um. Als Antwort auf diese von van Gallen, als unerlaubt eingestufte Form der Gegenwehr, zieht er dem sichtlich überraschten, eben noch gut gelaunten Herren, den so heiß geliebten, eher an eine Pferdedecke erinnernden grünen Lodenmantel zuerst rein versehentlich über den Kopf, dann dem vor ihm sitzenden Besucher nicht weiter beachtend , über dessen Rückenlehne, zum weiteren Verbleib, kostenlos bewahrt.

 

Der auf diesem Weg erheblich belästigte, jedoch nun schon leicht verängstigte Vordermann wendet sich, sich der dreisten und offensichtlich zu allem bereiten Übermacht unterwerfend, die Waffen vorerst zögerlich streckend, nach vorne um, auf Frieden hoffend...und einen schönen Abend...

 

Die Lichter verlöschen. Der Vorhang hebt sich. Der erste Akt beginnt mit lautem Getöse. Von allen unbemerkt wird leise, aber entschlossen eine seitliche Türe geöffnet, durch die sich ein eher  kleiner, und aus diesem Grunde recht rundlich wirkender Mann mittleren Alters  hindurchzwängt und zuerst hektisch und orientierungslos , dann aber recht zielstrebig auf einen leeren Platz zusteuert, der einzige noch leere Platz neben unserem hochkonzentriert die Handlung, des von viel Blech und großen Pauken begleiteten Wortwerkes, aufsaugenden Herrn van Gallen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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